Cadavre exquis
Cadavre exquis nannten die Ursurrealisten in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die Methode, surreale
Bilder auf folgende Weise herzustellen (übrigens eine Methode die bei uns als Kinderspiel schon lange vorher
bekannt war):
Man falte ein Blatt Papier etwa vier mal, oder auch öfter so, daß jeweils nur eine kleine Fläche
sichtbar ist, die dann von jeweils einem anderen Künstler gestaltet wird aber so, daß jeder die
Zeichnung seines Vorgängers fortsetzt, ohne diese aber zu kennen. Wenn das ganze Blatt so bearbeitet ist wird
es entfaltet und das so entstandene Kunstwerk bestaunt.
Man bildete sich ein, daß das so Entstandene nicht sinnloser Unsinn sei, sondern durch Ausschatung des
bewußten Verstandes dem Unbewußten freie Bahn gegeben sei.
Entsprechend ging man auch literarisch vor, man verband unzusammenhängende Worte miteinander und grübelte
über den Sinn dieses Unsinns nach. Bei einem dieser Versuche ergaben die beiden ersten Wörter den
"cadavre exquis", den "kostbaren Leichnam" und den nahm man als Bezeichnung für die ganzen Versuche solcher Art
her.
Der Surrealismus - nicht nur der klassische zwischenwelt-kriegliche - im Prinzip jegliche Kunst war darauf
angewiesen Bilder aus dem Unbewußten hervorzuheben, weil das bewußte Denken für das, was Kunst
sein könnte, nicht ausreicht.
Ob das Experimentieren mit dem "kostbaren Leichnam" dazu besonders geeignet ist, ist Ansichtssache. Zur
Illustrierung lege ich eine Zeichnung bei, die ich auf die geschilderte Weise angefertigt habe, mit dem Haken,
daß die vier verschiedenen Gefältel alle von mir selber stammen. Aber das macht nichts, weil ich alter
Mann schon so vergesslich bin, daß ich niemals wußte, was ich zuvor gemacht habe.
Wenn jetzt etwas nicht klar ist, bin ich zu weiteren Auskünften gerne bereit, es gibt aber auch verschiedene
Schriften über Surrealismus, wo das wahrscheinlich viel besser erläutert wird.
27.06.2002
Freundliche
Grüße Wolfgang Lettl
|