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Grußwort der Kulturreferentin der Stadt Augsburg Frau Eva Leipprand zum Geburtstagsempfang am 18.Dez.2004 Wolfgang Lettl gehört zu denjenigen Künstlern, die sich nie irgendeiner Mode unterworfen haben. Der Surrealismus als eine der tragenden Kunstformen des 20. Jahrhunderts ist formal sein Rahmen und Hintergrund. Doch hat er ihn in ganz eigener Weise interpretiert und immer wieder malerisch modifiziert. „Eigen“ kann dabei durchaus wörtlich verstanden werden, setzt sich Wolfgang Lettl doch immer wieder und oft auch ein bisschen ironisch selbst ins Bild - zum Beispiel im „Selbstporträt mit unsympathischen Zeitgenossen“, wo nicht nur ein gigantischer roter Schatten und andere dubiose Existenzen, sondern auch Wolfgang Lettl, etwas überrascht und auch zögerlich, den imaginären Raum betritt. Dass er heute, anlässlich seines 85. Geburtstages, eine Ausstellung eröffnet, die dem Publikum erneut neue und frische Arbeiten vorstellt, zeugt von seiner nimmermüden Schaffenskraft. Ich freue mich sehr, dass die Stadt Augsburg gemeinsam mit dem Freundeskreis Wolfgang Lettl und der IHK diese Geburtstagsausstellung veranstalten. Das große technische Können von Wolfgang Lettl, seine ständig aus Erfahrung und Altersweisheit sich perfektionierende Technik korrespondieren - wie wir auch heute abend sehen - mit einem malerischen Erfindungsreichtum, der immer wieder Erstaunen hervorruft. Was sehen wir eigentlich, wenn wir ein Bild von Wolfgang Lettl betrachten? Wir sehen ausgestanzte Figuren, leere Schablonen, fliegende Beine weit über dem Boden der Tatsachen, ins Leere führende Brücken und Treppen, wir sehen Merkwürdiges, Befremdendes und doch auch wieder seltsam Vertrautes, wir sehen „Verrücktes“, wie der Maler in seiner Rede zum 10jährigen Bestehen des Lettl-Atriums dargestellt hat. Lettls Werke erzählen Geschichten – aber eben Geschichten, die sich hinter den oberflächlich erkennbaren Abläufen abspielen. Sie wecken Interesse, weil diese Geschichten erkannt werden als das was sie sind: realistische Geschehnisse, die sich unter der Schicht des sogenannten Tagesbewußtseins begeben, Träume vielleicht, die aber, spiegelnd und widerspiegelnd, nicht ohne Bedeutung sind für das, was im Alltag vor sich geht. Dabei steht die Klarheit der Darstellung, das helle Licht, die scharfen Konturen des Verstandes in verstörendem Gegensatz zum Phantastischen, Rätselhaften des Inhalts. Bei seiner Rede im November 2003 zur Feier von 10 Jahren Lettl-Atrium ist Wolfgang Lettl mit dem heutigen Kunstbetrieb hart ins Gericht gegangen, wegen der unablässigen Jagd nach Neuem und der Oberflächlichkeit der Kunstkonsumenten, und hat „für die Bedeutung der Kunst in unserer Gesellschaft einen Bildungsnotstand“ konstatiert. Es ist so eine Sache mit der zeitgenössischen Kunst, das ist ein schwieriges Kapitel, gerade in Augsburg. Da könnte man manches dazu sagen. Das soll heute aber nur Positives sein, denn wir sind zum Feiern hergekommen und wollen uns außerdem ohnehin - ich folge hierin dem Vorbild der Augsburger Allgemeinen - grundsätzlich wieder mehr dem Konstruktiven zuwenden. Für Augsburg gibt es durchaus Positives zu vermelden. Es wird eine neue Kunsthalle im Glaspalast geben, wenn der Zeitplan eingehalten wird, schon Ende 2005. Und damit wird es auch neuen Raum geben für Künstler aus Augsburg und der Region. Allerdings ist die Stadt mit ihren beschränkten Mitteln überfordert, die ganze Bandbreite der Wünsche abzudecken. Wir brauchen in allen Bereichen - und das ist nicht nur in unserer Stadt so - die Hilfe der Bürgerschaft, der Sponsoren und Mäzene, und wir bekommen sie auch in wachsendem Maße, dafür möchte ich einmal in aller Form Danke sagen. Heute und hier gilt der Dank aber dem „Verein zur Förderung surrealer Kunst„ und der IHK für die Pflege und Erhaltung des Lettl-Atriums. Sie ist ein schönes Beispiel für das konzertierende Zusammenspiel zwischen Wirtschaft, Bürgerengagement und Kunst. Das Lettl-Atrium mit seiner citynahe Lage und der Eleganz seiner Räume bildet einen wesentlichen Kristallisationspunkt für Gegenwartskunst in unserer Stadt. Es ist aber nicht der einzige Ort, wo Lettl zu sehen ist. 2002 entstand eine ähnliche Präsentationsform im Haus der Wirtschaft in Lindau. Und kürzlich hat sich neben dem Justizzentrum in Göggingen nun auch die Landwirtschaftliche Sozialversicherung in Kriegshaber mit Lettl geschmückt. Die Resonanz bei Beschäftigten und Besuchern, so war in der Zeitung zu lesen, sei sehr positiv und die Geschäftsleitung erhoffe sich von der Konfrontation mit Lettl’schen Kunstwerken „künstlerische Anregung für den Arbeitsalltag„ der rund 300 Mitarbeiter. Eine solche Anregung tut jedem Menschen, tut auch einer Stadt gut, lieber Wolfgang Lettl. Die Erkenntnis, dass wir nicht immer das sehen, was wir sehen, dass sich vieles unserer Ratio entzieht, was dennoch vorhanden ist, vermitteln Sie uns schon seit vielen Jahren. Deshalb danke ich Ihnen dafür, dass Sie Ihre Bilder malen, dass Sie Augsburg Ihre Werke zeigen und dass Sie in ständiger Verbindung zur Aktualität unsere Zeit und ihre Erscheinungen auf Ihre Weise definieren. Ich wünsche Ihnen noch viele Jahre ungebrochener Schaffenskraft und dass Sie sich an Ihren Bildern so freuen können so wie wir. Herzlichen Glückwunsch zum 85. |