Rede von Wolfgang und Florian
Lettl zur Eröffnung der Sonderausstellung
am 14. Dezember 2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde,
waren Sie schon mal in Herne, zu den Tagen alter Musik?
Ich auch nicht, aber immer wieder schmücken in der dazugehörigen Programmbroschüre einige
meiner Bilder die Seiten. Da bekomme ich dann immer ein Belegexemplar.
Am Anfang des Leitartikels unter dem Titel „Musik, die utopisch überschreitende Kunst
schlechthin“ stieß ich auf den Satz eines mir sonst Unbekannten:
„Kunst wird nicht aus der Ratio geboren. Der Schatz ist im Unbewussten vergraben - in jenem
Unbewussten, das mehr Verstand hat, als unser Scharfsinn.
In der Kunst ist ein Übermaß an Vernunft tödlich. Schönheit resultiert nicht aus einer Formel.“
Edgar Varèse (1883-1965)
Obwohl dieser Edgar Varése offensichtlich ein Musiker ist und obwohl Musiker und Maler nicht
immer das selbe meinen, wenn sie das selbe sagen, nahm ich mir doch die Worte zu Herzen:
In der Kunst ist ein Übermaß an Vernunft tödlich. Und das heißt doch, Kunst kommt in erster Linie
nicht aus der Vernunft, sondern wo anders her. Der Schatz ist im Unterbewussten vergraben, sonst
müsste ich nicht lange und vergebens hinbrüten, um ein Bild zu finden.
Aber wo sind die Schlüssel zum Unterbewussten?
Nächste Frage: Und hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen Musik und Kunst.
Für jeden einigermaßen normalen Menschen steht die Tür zum Empfang musikalischer
Empfindungen weit offen. Malerei, ob gut oder schlecht lässt ihn weitgehend unberührt, je
„gebildeter“ um so mehr, und Kunst ist dann keine Offenbarung sondern Geldanlage und das ist
tödlich.
Die Sonderausstellung zeigt die Bilder, die mir im letzten Jahr eingefallen sind, bessere und
schlechtere, das lässt sich nicht verhindern, denn eine Sache ist immer der Einfall und eine andere
die Selbstkritik und eine ganz andere die Ausführung.
Hier enden die Aufzeichnungen meines Vaters, und er hat es heuer mir überlassen, näher in diese
Sonderausstellung einzuführen. Ich hoffe, ich enttäusche sie nicht.
Als Mitte des Jahres mein Vater das Bild malte, das unsere Einladungskarte schmückt, sagten wir
uns: Es wäre schade, dieses Bild nicht zu zeigen und so entschlossen wir uns, heuer nochmals
eine Sonderausstellung zu hängen.
Die Ausstellung titelt unter der Überschrift: Opus 88 - Finale - allegro ma non troppo.
Wofür das Opus 88 steht, ist, denke ich, den meisten unter Ihnen klar. 15 der 17 Bilder die Sie
heute sehen können, hat mein Vater in seinem 88. Lebensjahr geschaffen.
Finale - warum? Als ich den Ausstellungstitel fand, wusste ich es vielleicht vom Kopf her noch
nicht, aber im Gefühl hatten wir es bereits. Viel Kraft bleibt meinem Vater nicht mehr und ich
denke, wir sollten ihm jetzt offiziell erlauben, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen.
Aber wie sollte das Finale gespielt werden?
Allegro ma non troppo!
Diese Tempobestimmung resultiert aus der Stimmung dieses Bildes und der gesamten
Sonderausstellung, die sehr gut die Welt- anschauung meines Vaters, wie ich sie kennen gelernt
habe, widerspiegelt.
Ein Finale ist der Schlusspunkt eines Werkes, und, wenn es gut geht, auch der Höhepunkt.
Ich werde Ihnen heute einige Bilder dieser Ausstellung im Zusammenhang mit dem Gesamt- werk
meines Vaters, das über 500 surreale Bilder umfasst, darstellen, denn ohne diese Vorarbeit wäre
ein Finale nicht möglich. Dazu habe ich vier Themengebiete ausgewählt, die im Werk meines
Vaters immer wieder auftauchen.
Politik und Macht, Religion und Kirche, Mann und Frau. Beginnen werde ich mit dem
Themengebiet:
Wo steuert unsere Gesellschaft hin?
Anhand seiner Schiffsbilder, die in allen seinen Schaffensphasen entstanden sind, kann man seine
jeweilige Sicht unserer Gesellschaft gut erkennen
Das Luftschiff: 1954
Statisch starr, heiter leicht, fast noch ein Stilleben, da die Bewegung
fehlt, stellt sich nicht die Frage nach dem Woher und Wohin. Der
Vollmond strahlt Ruhe aus. Erst dann, wenn die Szene erwacht,
wenn Menschen ins Boot kommen, kommt Bewegung ins Bild.
Einzig der Tierschädel am Boden könnte zu kleinen Irritationen
führen.
In den Augen meines Vaters ist es sein erstes gelungenes surreales Bild, das ihm damals Mut
machte weiter in sein Unterbewusstes vorzudringen und neue Bilder zu suchen.
Schlossallee: 1973
Auf den ersten Blick ein heiteres Bild, noch etwas naiv in der Malweise.
Individuell gekleidete Männer bilden eine Boots- gemeinschaft. Es
scheint eine flotte Ruderpartie zu sein. Man erkennt den Steuermann,
man sieht angestrengt Rudernde. Aber blickt man in das Gesicht des
jungen Mannes im orangen T-Shirt, im Moment als er in der Allee
aufblickt, ahnt man, dass irgendetwas falsch läuft. Wohin steuert das
Boot? Steuert uns da einer vielleicht in die falsche Richtung?
Das Woher in diesem Bild ist nicht bekannt, das Wohin ist deutlich
sichtbar. Das gelbe Haus am Ende des Weges. Ein Weg, den man
eigentlich gar nicht verfehlen kann, der zusätzlich durch seine Bäume
klar markiert ist.
Aber was macht die Bootsgesellschaft: leichtsinnig durch die Luft kreuzen sie den vorgegebenen
Weg, werfen altbewährte Ziele über Bord.
Wenn für meinen Vater das Luftschiff ein Schlüsselbild war, dann war es für mich die Schlossallee.
Als mein Vater das Bild malte war ich gerade 16 Jahre alt und mit dem Fahrrad und einem Freund
auf Vagabundentour in Italien. Wir genossen 3 Wochen Freiheit. Und doch erinnere ich mich
genau noch, wie ich nach Hause zurückkehrte, die Wohnzimmertüre öffnete und dieses Bild sah.
Ein Bild, das einen Maßstab setzte, an dem seine zukünftigen Bilder gemessen werden mussten.
Mit diesem Bild legte mein Vater in mir die Grundlage, sich für seine Bilder zu interessieren, zu
engagieren und sie zu lieben.
Die Allee von Borrington: 1985
Wenn ich jetzt zum Vergleich eine Variation dieses Motivs das 12 Jahre
später entstanden ist, zeige, dann, um zum einen seine malerischen
Fortschritte aufzuzeigen, zum anderen, um auch die veränderte Sicht von
Wolfgang Lettl zu verdeutlichen.
Bei der Rückkehr des Bootes ist die Individualität der Bootsgemeinschaft
durch Uniformierung verloren gegangen.
Das Boot, in dem unsere Gesellschaft sitzt, ist schnittiger und schneller
geworden. Es geht dank der eigenen Anstrengung flott voran.
Die Allee ist immer noch klar vorgegeben, ob sie aber, und in welche Richtung sie an ein Ziel führt,
ist nicht ersichtlich. Dass sie zu einem Ziel führt, ist nur noch erahnbar.
Commedia: 1987
Das Boot ist jetzt im Wasser. Die Leichtigkeit der früheren Jahre
ist vorbei, das Menschenbild verändert sich, auch wenn das Boot
mit seiner Besatzung einen eher heiteren Eindruck hinterlässt.
Der Mensch versucht das Boot zu steuern, wobei bei mir eher der
Eindruck herrscht, dass das Schiffchen von einer leichten Zugluft
getrieben wird, die durch die Raumöffnungen weht.
Das Bild ist wieder eher eine Situationsbeschreibung.
Das Woher und das Wohin bleibt hinter den Raumöffnungen
verborgen. Bedrohlich und in der Bildkomposition wichtig als
Gegensatz, der Spannung erzeugt, die schwarze Kugel, die über
den Figuren im Raum hängt.
Barkarole: 1992
Sind das noch Menschen im Boot?
Die Frage nach dem Woher und Wohin wird
nicht mehr gestellt, hätte auch gar keinen Sinn.
Das Steuerrad ist zerbrochen.
Es geht darum Spaß zu haben und da zählt der
Augenblick.
Im Hintergrund der schwarze Turm, der die
Kulisse bildet, der die Buntheit der Masse
hervorhebt.
An seinen Ringen in der Wand könnte man das treibende Boot fest machen. Halt finden. Das gelbe
Haus der Schlossallee wird zum schwarzen Kerker. Die Kette umschlingt bereits ein Bein.
Bedrohlich die zugemauerten Torbögen und die vielen Ohren. Besser dort nicht halt machen, denn
sonst hätte der Spaß wohl ein Ende.
Nausikaa: 1994
Das Boot nimmt wieder Fahrt auf. Die, die nicht auf der
Strecke geblieben sind haben anscheinend die
Bedrohung wahrgenommen. Hektik bricht aus. Für Spaß
ist jetzt keine Zeit.
Die Bedrohung aus der Umwelt durch die vier Würfel am
Himmel und das Loch im Wasser ist ja kaum noch zu
übersehen. Technische Errungenschaften halten Einzug
in unsere Gesellschaft und verdrängen in hohem Maße
den Menschen aus dem Boot. Führt der technische
Fortschritt zur Rettung aus dieser Situation?
Haben unsere Wissenschaftler wirklich alles im Griff?
Die Gestrandeten: 2007
Im Februar hat mein Vater sein größtes Boots-Bild gemalt.
Aus dem Luftschiffchen von 1954 ist ein stattlicher Dampfer
geworden. Er steht nicht parallel, sondern senkrecht in
Richtung der Betrachter des Bildes. Das Schiff ist gestrandet,
ob ein menschlicher oder technischer Defekt dazu geführt hat,
wird nicht gezeigt. Wenigstens kam es nicht zu der
Katastrophe, die im Bild Nausikaa drohte.
Die Figurenmasse auf dem Boot allerdings ärgert sich, erhebt
sich zum Protest, verfällt in Aktionismus ohne das Geringste
ändern zu können. Sie sind gefangen in der Enge des Bootes.
Ihre Fahrt ist beendet. Gestrandet an einem fremden, unbekannten Ufer. Was uns dort erwartet,
wird im Bild nicht gezeigt.
Andererseits fliegt da einer ganz locker durch den Raum.
Auf die Frage, welche Rolle der Dahinfliegende in diesem Bild spielt, antwortete mir mein Vater:
„Den anderen gibt es gar nicht, das ist der, von dem die auf dem Boot träumen. Sie träumen
davon, wie ihr Leben verlaufen hätte können. Das eine ist die Realität, das andere ist der
Wunschtraum von Freiheit.“
Ein Ende: Heiter aber nicht allzu sehr.
Das Karussell der Macht oder die Karriere eines Mächtigen
Dazu habe ich zwei Bilder ausgewählt.
Den Anfangspunkt markiert „Der Kandidat“ aus dem Jahr
1996. Im Vordergrund der Neue, der unter großer Anstrengung
aufgebaut wird, während die alte Macht uns den Rücken
zuwendet. Ein Neuer kann nur kommen, wenn der Alte geht
oder gegangen wird. Macht wird aufgebaut.
Die Wahlkämpfer müssen sich mächtig ins Zeug legen um ein
gutes Image ihres Kandidaten aufzubauen. Ein Fehlgriff und es
kann ihrem Mann und ihnen die Macht kosten.
Der Befehl: 2007
Macht wird aber auch verschoben. Da hat einer abgedankt,
aber man wollte ihn nicht abservieren. Man hält sein Andenken
hoch, ist aber froh, dass er von der Bildfläche verschwindet.
Das Schicksal aller Großen.
Ob der, der den Befehl gibt, sein Nachfolger wird, wird aus dem
Bild nicht sichtbar. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es nur ein
Handlanger der neuen Macht.
Finale - allegro ma non troppo - Der neue Mächtige an der Spitze wird wohl nicht viel anders sein
als der Alte – Die Basis ist zufrieden, sie meint wohl, sie hat wieder mal was bewegt.
Das Bild ist übrigens nicht aus der bayerischen Tagespolitik entstanden, sondern nur aus dem
Grund, weil mein Vater testen wollte, wie hoch er noch malen kann.
Im Juli, nachdem er den Entwurf für das Bild „Der Preis der Erlösung“
ausgearbeitet hatte, setze er die Marke der Bildgröße nochmals um
20 cm höher.
Er fragte mich: Schaff ich das?
Hier meine etwas abenteuerliche Lösung. Sie entspricht nicht ganz
den Sicherheitsvorschriften für Kunstmaler, aber welche
Gewerbe- aufsicht prüft schon bei einem fast 88- jährigen.
Ich komme jetzt an den Punkt, an dem ich kurz aufzeigen möchte,
wodurch sich mein Vater von den klassischen Surrealisten
unterscheidet.
Zunächst zwei Definitionen, die ich bei Wahrig gefunden habe:
„Religion ist Glaube an und Auseinandersetzung mit einer überirdischen Macht sowie deren
Verehrung.“
„Surrealismus ist der Versuch das Überwirkliche und seine Verschmelzung mit der
Wirklichkeit darzustellen.“
Wenn man beide Definitionen so nebeneinander stellt, erkennt man schnell, dass sie etwas
miteinander zu tun haben, nämlich die Beschäftigung mit dem, was gewöhnlich unseren
menschlichen Horizont übersteigt.
Dies zeigt sich bereits in der frühen Mensch- heitsgeschichte dort, wo Kunst und Religion
zusammentreffen. Wenn die Ägypter ihren Göttern Tierköpfe aufsetzen, dann verwenden sie
dieses surreale Stilmittel, um die Andersartigkeit der Gottheiten zu veranschaulichen.
Die klassischen Surrealisten bekannten sich zum Atheismus, bzw. wollten schockieren indem sie
Werke schufen, in denen die Religion diffamiert wurde. Und von Andre Bréton dem geistigen Kopf
der Surrealisten gibt es gotteslästerliche Aussprüche, die ich auf Wunsch meines Vaters hier nicht
ausspreche.
Als Künstler fühlt sich mein Vater mit dem Schöpfer einer phantastischen Welt verbunden und freut
sich immer, wenn er mit einem neuen Bild an der Schöpfung ein wenig mitwirken darf.
Auf diesem Hintergrund taucht in seinen Bildern manchmal das Themengebiet Religion und Kirche
auf.
Kreuzigung um 1960
Als mein Vater nachdem Krieg Maler zu werden begann, war ihm
anfangs nicht klar, wohin sein Weg führen würde. So befasste er
sich auch mit der Überlegung Kirchenmaler zu werden.
Davon zeugt zum Beispiel noch die Kirche in Nordendorf, für die
mein Vater einen Kreuzweg in frischen Beton kratzte, die Entwürfe
für die Glasfenster lieferte und ein Dreikönigsbild malte.
Die hier gezeigte Kreuzigungs- gruppe stammt aus der Zeit um
1960. Warum dieses Bild in keinem kirchlichen Raum hängt,
sondern auf dem Speicher steht, weiß ich nicht, dass aber das
Kreuz immer wieder eine Herausforderung für meinen Vater war
und später, als die surreale Malerei sein bevorzugtes Ausdrucksmittel wurde, auch dort manchmal
auftaucht.
Diese Kreuzigungsszene in expressionistischer Manier könnte wohl für eine Kirche ganz dekorativ
sein. Aber ist es nicht das, was wir aus der Kunstgeschichte längst kennen – nichts Neues?
Immer die gleichen Motive. Wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, warum mein Vater
nicht Kirchenmaler wurde. Zitat: „Nach dem 4. Kreuzweg reichte es mir.“
Psalm 22: 1976
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern
meinen Schreien, den Worten meiner Klage?
Mein Gott ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort;
ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch,
der Leute Spott, vom Volke verachtet.
Alle die mich sehen verlachen mich,
verziehen die Lippen, schütteln den Kopf.
Ein Kreuz von Hinten, der Korpus mit dem Kreuz verwachsen, auf einer Müllhalde, umgeben von
Leere, zerfallend aber immer noch blutend.
Ein Blick von Dir ... : 1982
Das Bild hat zwei Ebenen: Im oberen Bereich der apokalyptische,
wiederkehrende, lächelnd - erlöste Christus.
Im unteren Bereich ein Ausschnitt aus unserer Welt.
Eine Strasse in der Menschen hektisch, geschäftig und doch
ziellos unterwegs sind. Menschen an denen Beschädigung bildhaft
sichtbar gemacht ist. Ein Bild des Advents, den wir zwar
momentan im Kalender stehen haben, aber mit dem ernsthaft
anscheinend fast niemand rechnet.
Das Kreuz am Himmel wird von den Menschen auf dem Bild nicht
wahrgenommen.
Der Preis der Erlösung: 2007
Zum Finale noch einmal ein Kreuz.
In seinen ersten Entwürfen zu diesem Bild plante mein
Vater keine Kreuzesdarstellung.
Er be- schäftigte sich mit der abstrakten Komposition, in der
eine vorwärts aufwärtsstrebende Richtung erkennbar wird.
Menschliche, tierische, technische Elemente werden
bruchstückhaft sichtbar.
Lange Zeit fehlte die große runde Kugel. Erst als sie
gefunden war, erwies sich die Komposition als stimmig.
Ist das die sich evolutionäre ent- wickelnde Welt, in der wir
leben, in all Ihrer Unvollkommenheit und Vergänglichkeit, ja
auch Zufälligkeit?
Diese vorwärts aufstrebende Figur benötigte kompositorisch einen Gegensatz.
Für meinen Vater ist es der Heiland.
Viel größer kann die Spannung zwischen zwei Figuren nicht sein, als auf diesem Bild.
Ein Bild der Gegensätze, aber auch ein Bild gegenseitiger Zuwendung.
Ein Finale: Nicht allzu heiter aber hoffnungsvoll.
Erkennen Sie in diesem Bild mein letztes Thema?
Die Beziehung zwischen Mann und Frau.
Weil diese aber nicht jedermann etwas angeht, und es peinlich ist,
wenn darüber in der Regenbogenpresse berichtet wird, gibt es
dazu nur relativ kleine Bilder meines Vaters.
Ich werde jetzt an der ersten und der letzten Stufe seiner
malerischen Abhandlung dieses Themas halt machen.
Irgendwann zu irgendeinem Zeitpunkt bei irgendeiner Gelegenheit
durch irgendeinen Zufall fängt alles an.
Wolfgang Lettl lernte seine Franziska 1945 kennen.
1949 heirateten sie. „Kein einziges Veilchen“ entstand 1950 als
eines der ersten surrealen Bilder Wolfgang Lettls.
Ein eng umschlungenes Paar steht am Anfang seines Weges, an dessen sichtbaren Ende ein
Erhöhung ist, zu der Stufen hinaufführen. Malerisch noch sehr steif, hölzern. Seine Franziska stand
ihm noch nicht allzu lange als Modell zur Verfügung.
Nicht nur das Bild handelt von einem Liebespaar, auch der Werdegang dieses Bildes hat mit einer
Liebesgeschichte zu tun:
Als ich den Besitzer dieses Bildes, einen Schneider, besuchte, um das Bild zu fotografieren,
erzählte er mir folgendes:
Er tauschte das Bild bei meinem Vater gegen ein Kleidungsstück ein, weil er es seiner Frau zum
ersten Hochzeitstag schenken wollte.
Seine Frau, welche seine Abrechnungen überwachte und feststellte, dass das Kleidungsstück nach
längerer Zeit immer noch nicht bezahlt war, das Haushaltsgeld aber langsam ausging, kritisierte
ihren Mann, wie er für einen Künstler einen Auftrag annehme könne, da er doch wissen sollte, dass
Künstler kein Geld haben und ziemlich unzuverlässige Personen seien.
Jetzt hätte er nicht nur umsonst gearbeitet, sondern auch das von ihnen vorgestreckte Geld für den
Stoff sei weg.
Hier sind noch drei Szenen aus einer Ehe bevor ich zum letzten Bild komme.
Zu diesen Bildern brauche ich nichts zu sagen, die meisten von Ihnen haben da ihre eigenen
Erfahrungen gemacht und können diese Bilder lesen.
Hermann und Dorothea: 1981
Der 3. Tag: 2000
Die Entführung aus dem Serail: 2004
Die Stufen der Nähe: 2007
Zum Abschluss möchte ich Ihnen aber noch ein kleines
Geheimnis lüften. Kennen sie das Finale dieses Bildes?
Das Bild stellt eine Momentaufnahme dar.
Was bisher war, ist in diesem Fall leicht zu erraten. Die
beiden, der vornehme Herr und die rassige Dame
kamen sich im Laufe der Zeit näher. Ihre Beziehung ist
gewachsen. Sie sind auf der obersten Stufe angelangt.
Wie kann es da weiter gehen? In der nun folgenden kurzen Animation wird es sichtbar. Klick hier
Finale: Allegro ma non troppo.
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